Ausgangssituation:
Bei vielen Krankenhauspatient*innen mit der Nebendiagnose Demenz verschlechtert sich während ihrer Krankenhausaufenthalte das Krankheitsbild der Demenz massiv und dauerhaft.
Als Gestalter habe ich mir die Frage gestellt, was die Gründe dafür sind und wie man mit gestalterischen Mitteln den eigentlich angestrebten Genesungsprozess im Krankenhaus für die Betroffenen unterstützen und fördern kann.

Der Krankenhausflur, ursprünglich als Durchgangsort konzipiert, dient für viele Patient*innen mit Demenz als zentraler Aufenthalts- und Kommunikationsraum. Eine ansprechende Flurgestaltung kann ihren Genesungsprozess im Krankenhaus fördern und unterstützen.
Ziel des Projekts ist es, den oft erschwerten Genesungsprozess von Patient*innen mit der Nebendiagnose Demenz zu erleichtern, ihnen eine würdevolle und reibungslose Genesung zu ermöglichen und die Krankenhäuser durch kürzere Aufenthaltszeiten wirtschaftlich zu entlasten.
Von der Vorstellung des Konzepts über Workshops bis hin zur praktischen Umsetzung begleite ich Sie gerne.
Intuitives Orientierungssystem
Statt auf komplexe, zu erlernende Leitsysteme zu setzen, schafft das Konzept eine intuitive Orientierung, die auch für Menschen mit kognitiven oder körperlichen Einschränkungen leicht verständlich ist. Der sterile Krankenhausflur wird dabei zum einladenden und bildhaft gestalteten Wohnraum, der zugleich Orientierung und Anregung bietet.
Die Hauptidee besteht darin, das Innere der Räume gewissermaßen in den Flur zu holen, sodass Patientinnen bereits vor den geschlossenen Türen visuell und atmosphärisch erfahren, was sich hinter ihnen befindet. Zum Beispiel ragen die weißen Bodenfliesen des Badezimmers unter der Tür in den Flur hinein und machen den Sanitärbereich klar erkennbar.
Für andere Patient*innen dient ein Herzsymbol an der Tür oder ein über der Tür gelagertes Toilettenpapier als einfach verständlicher Hinweis auf die Toilette.
So entsteht ein Orientierungssystem, das nicht nur funktional, sondern auch anregend ist – und dadurch zum Wohlbefinden der Patient*innen beiträgt.
Die von mir entwickelten Formenhandläufe besitzen ein hohes Innovationspotenzial: Sie leiten durch ihre Krümmung intuitiv in relevante Räume und lenken zugleich von nicht zugänglichen Bereichen ab. Durch ihre ungewöhnliche Formgebung beeinflussen sie die Körperhaltung der Senior*innen und durchbrechen dabei die oft monotonen Bewegungsabläufe auf langen Fluren.

Das Wandschutzelement vor dem Badezimmer weist mit fließenden Formen und blauer Farbe intuitiv auf Wasser hin und markiert so den Weg zum Bad.
Duftende Seifen über der Tür verstärken die Orientierung: Sie kennzeichnen den Badebereich und verbreiten ihren Duft rund um den Eingang, was visuelle und olfaktorische Hinweise kombiniert.

Selbst die sonst nüchternen Wandschutzelemente tragen zur Atmosphäre bei und transportieren die Ästhetik der Räume in den Flur. Die Wandschutzelemente vor dem Gesellschaftsraum erinnern etwa an Spielbretter bekannter Gesellschaftsspiele und vermitteln so schon im Flur: Hier wird gemeinsam gespielt.
Das Ordnungsprinzip basiert auf einem schmalen Regalsystem, das den Raum zwischen Wand und Geländer optimal nutzt und zugleich den Brandschutzbestimmungen für Flure gerecht wird. In diesem Regalsystem sind zahlreiche Elemente integriert, die kognitive und motorische Förderung der Patient*innen unterstützen. Es strukturiert den langen Krankenhausflur und schafft durch gezielte Platzierung der Anregungen klare Orientierungspunkte.



Die oben abgebildete Rundlaufskulptur ordnet eine Vielzahl alter Fliesen der 60er, 70er und 80er Jahre farblich und regt intuitiv zum Herumlaufen an. Sie birgt ein enormes kreatives Potenzial: Die alten Fliesen aus Küche und Bad wecken Erinnerungen und stimulieren durch ihre unterschiedlichen Strukturen und Dekore die Sinne im Hier und Jetzt.

Darüber hinaus entsteht mit diesem Objekt ein identitätsschaffendes Element, das die Strenge und Länge des Flures durchbricht. Bei Sonnenschein reflektieren die Farben des Rundlaufs auch auf den Boden und die Wände, wodurch der Flur in ein Meer aus Farben und Erinnerungen getaucht wird.
Personalentlastung
Seit 2003 gab es einen Stellenabbau bei gleichzeitiger Zunahme der Patientenzahlen, wodurch Pflegekräfte oft allein für viele kognitiv eingeschränkte Patient*innen verantwortlich sind. Die Orientierungshilfen schaffen eine ruhigere Atmosphäre und erleichtern die Arbeit des Pflegepersonals.
Wirtschaftliche Entlastung
Demenzpatient*innen verbleiben statistisch länger im Krankenhaus, was aufgrund der Fallpauschale wirtschaftlich belastend ist. Eine gestalterische Struktur, die den Genesungsprozess aktiv fördert, kann langfristig wirtschaftlich entlastend wirken.
Das Konzept auf Tour:
Das demenzsensible Krankenhauskonzept fand bereits auf zahlreichen Veranstaltungen Anklang. Hier einige Eindrücke von Nominierungen, Präsentationen und Projektvorstellungen, die das Anliegen, eine patientenorientierte Krankenhausgestaltung zu fördern, ins öffentliche Bewusstsein rücken.
Von der Vorstellung des Konzepts über Workshops bis hin zur praktischen Umsetzung begleite ich Sie gerne.